Thüringische Landeszeitung
Schaxels Ohnmacht im Hochschulkonflikt
1923
Antrittsvorlesung des linken Juristen Korsch gewaltsam verhindert
Jena. (tlz-11.07.2001) Zwar zeigten sich Jenaer Studenten, trotz
Astel- und Ibrahim-und Zehm-Debatten, an der Veranstaltungsreihe zur
Geschichte ihrer Universität wiederum desinteressiert, aber immerhin
beschäftigten sich diesmal zwei Studenten als Referenten mit einem
Kapitel jener Geschichte: "Politisierte Modernisierung - Die Jenaer
Universität im Thüringer Hochschulkonflikt" betitelten
Oliver Lemuth und Jens Schütz ihre Darstellung des Widerstands
der Salana gegen demokratische Bildungsreformen zu Beginn der Weimarer
Republik, mit denen die geistige und personelle Erneuerung versucht
wurde.
Unter dem SPD-Minister Max Greil, der sich als Vermittler zwischen
Politik und Wissenschaft den Jenaer Julius Schaxel ins Volksbildungsministerium
geholt hatte, sollten am Anfang der jungen demokratischen Republik Reformen
in der überwiegend republikfeindlich gesinnten Hochschullandschaft
durchgesetzt werden. Mehr Mitbestimmung, Bildung eines Allgemeinen Studentenausschusses,
Volksschullehrerausbildung und eine eigenständige mathematisch-naturwissenschaftliche
Fakultät. Aber sogar bei Letzterem, damals an Deutschlands Universitäten
nichts Unübliches mehr, leisteten Jenaer Ordinarien erbitterten
Widerstand.
Dabei war der Frontverlauf verworren: Der Historiker Alexander Cartellieri
wetterte zwar gegen den "Ordinarienwahn", wandte sich aber
auch gegen den politisch engagierten Wissenschaftler Schaxel, dessen
Neubewertung, so die Referenten, noch aussteht. Nick Hopwood beschrieb
1997 "The Making of a Red Professor", wie vor 1933 Schaxels
Feinde, nach 1945 selbsternannte Freunde ihn mit etlichen Retuschen
zum "Roten Professor" stilisierten. Im Dezember 1923 beschloss
die Universität, mit ihm als Regierungsvertreter an der Universität
jeglichen Verkehr einzustellen. Jenas überdrüssig, kehrte
Schaxel 1923 der Stadt den Rücken zu, ging für ein Forschungssemester
nach Frankfurt/Main und begab sich anschließend auf Rußlandreisen.
Noch Dreisteres erlaubte sich die Universität bei Karl Korsch.
Dieser war in Jena vom Juristen Heinrich Gerland "summa cum laude
superato" promoviert worden, war ab Mai 1920 Privatdozent und wurde
1923 zum Professor für Zivil-, Prozeß- und Arbeitsrecht ernannt.
Korsch war als undogmatischer Marxist B. Brechts Lehrer im Exil (1961
in den USA gestorben; in der DDR erschien keine Zeile von ihm und er
wurde totgeschwiegen). Als er im Mai 1923 seine Arbeitsrecht-Antrittsvorlesung
halten wollte, waren sich die feinen eine "unpolitische" ,
in Wirklichkeit die antidemokratische Wissenschaft verteidigenden Professoren
und Studenten nicht zu schade, den Autor des 1922 erschienen "Arbeitsrecht
für Betriebsräte" (1968 von der BRD-Metallergewerkschaft
wieder aufgelegt) gewaltsam daran zu hindern, so daß er ins Volkshaus
ausweichen mußte.
Lachs für arme Leute
und was die Antifa mit vegetarischem Essen gemein hat
Manuela Linnemann/Claudia Schorcht (Hg.): Vegetarismus. Zur Geschichte
und Zukunft einer Lebensweise. Harald-Fischer-Verlag, Erlangen. 166
Seiten, DM 32,-
(tlz-25.04.2001) Da den Bundestag beschäftigt, wer wann
mit dem Außenminister gefrühstückt hat, bekenne ich,
daß ich am 25. August 1982 zusammen mit „Joschka“ in einer Szenekneipe
in Frankfurt am Main war – gehöre ich damit zu Fischers Verputzgruppe!?
Weitere Skandale (BSE, Schweinedoping) lenken den Blick auf’s Essen.
Fleischlos glücklich (TLZ vom 7. März)? In Jena gibt es vergessene
Traditionen (das vegetarische Restaurant Zwätzengasse 16 war Tagungsort
von Liebknechts Osterkonferenz 1916) und gerade ist in Jenas Partnerstadt
Erlangen ein Buch erschienen, das zeigt, dass Vegetarismus kein
Phänomen allein unserer Gegenwart ist: Einblicke in mehr als 2000
Jahre Diskussion moralischer, gesundheitlicher und ökologischer
Argumente sowie Debatte über Gegenwart und Zukunft der vegetarischen
Lebensweise.
Man erfährt, „daß Lachs im 19. Jahrhundert in Großbritannien
ein Arme-Leute-Essen war und vertraglich geregelt wurde, daß Dienstboten
maximal zweimal in der Woche Lachs bekamen“, und liest über eine
kaum bekannte, jedoch vielleicht die effektivste Widerstandsgruppe der
NS-Zeit, das „Internationale Sozialistische Komitee“ des an Schlaflosigkeit
gestorbenen Philosophen Leonard Nelson. Das ISK, dem Vordenker der Nachkriegs-SPD
entstammten, wirkte vor allem in Mitteldeutschland, verlangte von den
Mitgliedern (ein Drittel Frauen!) Vegetarismus, Nikotin- und Alkoholabstinenz
und bediente sich im antifaschistischen Widerstand des Netzes ab 1933
von ISK-Frauen errichteter vegetarischer Gaststätten.
Separatorenfleisch statt Tofu
oder: Wider "Mein Mampf"
Jena. (tlz-07.03.2001) Angenommen, Steven Jobs, der Gründer von
Apple-Computer, und Jeremy Rifkin, der bekannteste Theoretiker der Internetwirtschaft,
kämen nach Jena, um Intershop zu besuchen. Und sie wollten sich
selber ein paar Nahrungsmittel kaufen. Dann sähen sie schnell die
Grenzen der Boomtown Jena, denn beide sind Vegetarier. So wie einst
Pythagoras, da Vinci, Benjamin Franklin, Voltaire, Tolstoi, Lord Byron,
Schiller, Alexander von Humboldt, Richard Wagner, Franz Kafka, der Corn-Flakes-Erfinder
John H. Kellogg oder - Adolf Hitler. Verordneter Antifaschismus wider
A.H.´s "Mein Mampf" ist es nicht, wenn Vegetarier in Geschäften
des Neufünfland-Leuchtturms Jena Schwierigkeiten haben.
Lokaltermin Winzerla: Sogar die bisher im Sortiment enthaltene Gemüselasagne
ist bei "Rewe" aus der Tiefkühltheke verschwunden und in keinem
Geschäft ist Tofu, das vielseitig verwendbare Sojaprodukt, aufzutreiben:
"Torfu - sowas haben wir nicht", meinte pikiert die Verkäuferin,
in Gedanken offenbar bei den Torfballen ihrer Datsche. Hätte ich
lieber nach "Separatorenfleisch" fragen sollen? Dieses "Restfleisch",
das beim Schlachthof-Kettensägenmassaker von der Wirbelsäule
abgetrennt wird, fast hätte es die Jury um den Germanisten Prof.
Schlosser in Frankfurt/Main zum "Unwort des Jahres" 2000 erkoren.
Aber sowas ist in Jena eher gesellschaftsfähig als die obskure
Begierde nach Vegetarischem. Trotz BSE, das gerade zur Umbenennung des
"Bundesverbandes des Schuh-Einzelhandels" führte und das bereits
1923 der Anthroposophiebegründer und Waldorfideologe Rudolf Steiner
erahnte, wissend, was passiert, wenn Wiederkäuern, die seit Jahrtausenden
Gras fressen, die pulverisierten Kadaver kranker Artgenossen in den
Trog gekippt werden: "Wenn der Ochse direkt Fleisch fressen würde,
würde er verrückt werden."
Von Extrafaltblättern schauen mich Schweine mit zufriedenem
Lächeln an, als entstammten sie einem Rosamunde-Pilcher-Roman und
als sei ihr Ableben nur der Kollateralschaden eines Auffahrtunfalls
des Einkaufswagens an der Fleischtheke.
So verschieden sind die Esskulturen: Als in Japan der 1200. Todestag
des Mönchs Jianzhen gefeiert wurde, kamen die Vertreter aller Tofu-Produzenten,
um des großen Kulturübermittlers für das Mitbringen
von Tofu und dessen Herstellungstechnik zu danken, ebenso wie dem Tofu-Erfinder,
Fürst Liu aus der chinesischen Han-Dynastie. Der VR China wegen
kann die Tofu-Ächtung hierzulande nicht als stalinistisches Relikt
abqualifiziert werden. Selbst wenn die Solidarnosc-Bewegung 1980 die
Gründung der Polnischen Vegetariergesellschaft und deren Registrierung
´81 mit sich brachte.
Nach der Oktoberrevolution existierten in Rußland während
der Zwanzigerjahre weiterhin vegetarische Restaurants, jedoch wurde
1929 die Tolstoi-Bewegung verboten. Noch 1927 erschien in Leningrad
das Magazin "Hygiene der Ernährung" mit dem Untertitel "Organ der
Wissenschaftlich-Hygienischen Vegetarischen Gesellschaft Leningrads".
1930 verschwand das Wort "vegetarisch" aus dem Titel. Der Dichter Wladimir
Majakowski kämpfte gegen den Vegetarismus.
Kurz vor dem 1. Weltkrieg hatte er einen Skandal in einem Moskauer
vegetarischen Restaurant verursacht, Verse rezitierend, die Tolstois
Lehren veralberten. 1928 schrieb Majakowski "Die Vegetarier", eine Parodie
auf Tolstoianer mit dem Rat, vegetarisch-pazifistische Propaganda im
Lande Chamberlains, nicht aber in der Sowjetunion zu betreiben. In seiner
Autobiografie "Ich selbst" (1922/28) beschwerte er sich, dass er Vegetarisches
zu sich nehmen musste, als er den Maler Repin besuchte ("für einen
Futuristen von zwei Metern Länge nicht die geeignete Kost"). Nach
seinem USA-Besuch schrieb er in "Meine Entdeckung Amerikas" 1925 über
Chikago: "Ohne Fleisch kannst du nicht leben, und es hat keinen Sinn,
mit Vegetarismus zu kokettieren - darum befindet sich direkt im Zentrum
das blutige Herz, die Schlachthöfe." Über diese schrieb der
Vegetarier Upton Sinclair Dokumentarromane, Bert Brecht ("Heilige Johanna
der Schlachthöfe") inspirierend.
Bleibt den Vegi-Bürgern dieser Stadt nur, sich sehnsüchtig
jener Zeit zu erinnern, als in der Zwätzengasse 16 ein vegetarisches
Restaurant Tagungsort von Karl Liebknechts Arbeiterjugend-Osterkonferenz
1916 war; als in Jena der Vegetarier-Guru und Vielweiberei-Prophet Friedrich
Muck-Lamberty, der "Messias von Thüringen", mit seiner Jüngerschar
1920 eine Zuhörerschaft mobilisierte, die alle Säle sprengte
- und dann einen bekannten Slogan aus nordrhein-westfälischem Wahlkampf
zu variieren: "Zum Inder statt Rinder!"
Fährt Seefrachtfirma
nun im Spaßbad vor?
Zum Schwimmbecken-Name „Galax Sea“ und zu den galaktisch hohen
Eintrittspreisen
Jena. (tlz-13.07.2001) So originell, wie er auf den ersten Blick
erscheint, ist der geplante Name für das neue Bad in Winzerla nicht.
Mancher mit Jenaer Originalitäten vertraute Beobachter erinnert
sich vielleicht noch jenes in einem Wettbewerb prämierten und bejubelten
Logos, das dann wegen auffälliger Ähnlichkeit mit einem später
aufgetauchten Vorbild von der Stadt aus dem Verkehr gezogen wurde.
Ob es aufgrund von Markenschutz und Urheberrecht mit dem Denglisch-Titel
„Galax Sea“ zu rechtlichen Verwicklungen kommen könnte, sei dahingestellt.
Jedenfalls ist die Bezeichnung so einzigartig nicht. Es ist unwahrscheinlich,
dass der Erfinder in der Bergstadt Galax im USA-Staat Virginia als Besucher
des alljährlich im August stattfindenden Bluegrass-Musikfests im
Meer (engl. Sea) gebadet hat und inspiriert wurde. Nicht abwegig ist
die Annahme, dass der Werbefuzzy ganz „trendy“ einen Palm-Pilot als
Organizer mit sich führt und dort beim Spiel „Galax“ (Version 2.2
vom 30. März 2001) ein brain storming veranstaltete, d.h. über
griffige Bezeichnungen grübelt.
Was aber, wenn die französische Aktiengesellschaft Galax S.A.
(Sea Customer Service) gegen die Verwechselung ihrer großen Seefrachtgesellschaft
mit einem kleinen Stadtteilbad Bedenken anmeldet? Oder hatte der Werbetexter
etwa seinen letzten Urlaub in Florida verbracht und mit der in Tampas
beheimateten Firma Galax Sea Cruises eine Kreuzfahrt unternommen?
Vor Jahren sangen „Die Prinzen“ den Hit „Alles nur geklaut“. Vielleicht
hat der „Erfinder“ auch nur die 1998 erschienene CD der 1996 in Montreal
gegründeten Independent-Musikgruppe Marlowe in seine Stereoanlage
eingelegt. Das Album heißt – Galax Sea. Was dazu wohl die Plattenfirma
SNS sagt? Scratch’N Sniff bedeutet der Firmenname, und das kann man
übersetzen mit „zusammenkratzen und Nase rümpfen“.
Galaktisch hohe Schwimmpreise
(tlz-6. März 2002 ) Willkommen in Jena
- endlich verstehe ich, warum wir eine Zweitwohnsitzsteuer brauchen:
Bürger die sich anderswo abnabeln und nur den Jena-Mief kennen,
lassen sich besser regieren und schröpfen.
Dieser Tage flatterte nun das Werbefaltblatt des "Spaßbads" mit
den galaktisch-hohen Preisen in den Briefkasten (natürlich rechtswidrig:
trotz "Keine Werbung"-Aufkleber). Kein Scherz: Es war erst Anfang März,
noch nicht der 1. April. Was GalaxSea bietet, kann verglichen werden
mit dem "Panoramabad" in Frankfurt am Main. Schwimmen kostet dort für
Erwachsene 2,50 €, für Kinder und Jugendliche 1,80 €
(GalaxSex 11 bzw. 8 €, Wochenende sogar noch mehr!). Saunapreis
7,60 € (GalaxSea 14 €). Sogar im Vergleich mit Frankfurts
Luxusbädern ist Jenas GalaxSea bezüglich der Preise einsamer
Spitzenreiter! In den "Titus-Thermen" kostet Schwimmen 3,50 (Erwachsene)
bzw. 2 € (Kinder), der Saunabesuch 5 €. Und vergleicht man
das im Frankfurter Volksmund "Schwimmoper" genannte "Rebstockbad", zu
dessen Eröffnung wegen der bundesdeutschen Einzigartigkeit immerhin
das ZDF-Sportstudio aus dessen Hallen übertragen wurde, so kennt
dieses zwar auch einen (in Klammern angegebenen) Wochenend-/Feiertagstarif,
bleibt aber dennoch bei weitem billiger: Schwimmen kostet für Erwachsene
4 € (6,60 €), Kinder 1,80 (3,50 €), Sauna (10 €).
Wird uns nicht immer erzählt, die niedrigen Verdienste in Thüringen
wären dem im Vergleich zur Alt-BRD billigeren Lebensniveau geschuldet?
Ich werde wohl mit Familie lieber mal einen Einkaufsbummel auf der Frankfurter
Zeil mit dem Abtauchen in dortige Gewässer verbinden.
"Ich saß mit Biermanns
Mutter im Konzert"
West-Unterstützer weiter unangepaßt
Jena. (tlz-16.11.2001) "Die BRD braucht eine KP / wie
ich sie wachsen und reifen seh / unter Italiens Sonnenschein / so soll
es sein, so wird es sein", sang Wolf Biermann im Konzert, dass zur Ausbürgerung
heute vor 25 Jahren führte. Aus meinem Studienort Marburg angereist,
erlebte ich in Köln Biermanns Sängerkrieg. Nebenan saß
dessen Mutter aus Hamburg - DKP-Mitglied wie ich (Weihnachten wurde
der Genossin seit 1919 in Sippenhaft die Einreise zu den Enkelkindern
in Ostberlin verwehrt). Ich hoffte wie er in jener Liedzeile auf den
"Eurokommunismus": Im Sinne Rosa Luxemburgs Sozialismus und Demokratie
zu verbinden, versuchten sich vom Sowjetmodell abgrenzende KPen
in Italien, Frankreich oder Spanien mit Wahlerfolg. Ich kannte wie Biermann
Licht- und Schattenseiten beider Teilstaaten. In jungen Jahren kam er
aus Hamburg in die DDR, ich aus Eisenach in die BRD. Sein Konzert empfand
ich als Auftritt eines kritischen Kommunisten. Insbesondere jene maoistische
Kommunisten, zu denen Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer damals
gehörte, beschuldigten Biermann in Köln in lange Debatten,
die DDR zu sehr in Schutz zu nehmen! Entsprechend das Echo von rechts:
"Wolf im Schafspelz" sei der Minnesänger des Minenstaats, dem CDU-Sprecher
war Biermann ein "hartgesottener, linientreuer Kommunist" und "besonders
wirkungsvolles Exemplar eines kommunistischen Agitprops", man protestierte
(erfolgreich) gegen die Sendung im TV-Abendprogramm, um eine "Berieselung
mit kommunistischer Ideologie" (CSU) zu vermeiden. "Die" DDR-Opposition
gab es nicht, schrieb doch der damals in Ostberlin unter Hausarrest
gestellte Robert Havemann im "Spiegel": "Für reaktionäre Renegaten
vom Schlage eines Günter Zehm ist die ungenierte Kombination von
Kritik und Bewunderung der DDR, die Wolf Biermann zustande bringt, zuviel
für sein kaltes Krieger-Gehirn".
Als
3000 Marburger Studenten über das Rotkehlchen ohne Nest diskutierten,
lag ein Protest Marburger-DKP-Mitglieder gegen die Ausbürgerung
vor, den Biermann später auf seine Plattenhülle druckte. In
Telefonaten mit dem Schriftsteller Günter Wallraff, der mit Heinrich
Böll Biermann betreute (das Telefon, also auch Biermann, hörte
ein BRD-Geheimdienst ab), wurde mein Auftritt für die KP-Opposition
auf Biermanns Pressekonferenz am 19. November vereinbart. Viele West-Biermann-Protestanten
haben sich unangepasst-kritischen Geist bewahrt: Diese Ex-DKPler aus
Marburg findet man als Professor in Aix-en-Provence, als Staatssekretärin
im Umweltministerium in Kiel, als Gewerkschaftsschulleiter in Nordrhein-Westfalen
oder als Politik-Professor und Redakteur des Standesorgans deutscher
Politikwissenschaft in Konstanz. Über meinen Parteirausschmiß
schrieb die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", die Partei wollte "Ruhe
vor einem Platzdasch, der seinen Ausschluß von ihm publizierten
Hinweisen auf einen latenten Stalinismus in der DKP verdankt." Dennoch
zeigte das Dezemberheft 1976 der später als aufmüpfig eingestellten
DDR-Zeitung "Forum" auf der Titelseite meinen Artikel über neue
NATO-Strategien direkt vor Peter Hacks' Beitrag "Neues von Biermann"
an. Der Eurokommunismus starb, die Illusion über die trickreiche
Ausbürgerung ebenfalls: Margot Honecker, während der NS-Illegalität
beider Väter in Hamburg in der Biermann-Familie aufgewachsen, hatte
ihn noch am Vorabend des Kölner Konzerts besucht. Als ich einst
auf einer Wandzeitung in Marburg Jenaer Proteste öffentlich machte,
ahnte ich nicht, dass es mich Ende 1990 dahin verschlagen würde.
Gedenken
an einen theoretischen Ketzer an der Jenaer Universität
Gerhard Riege wählte vor 10 Jahren den Freitod
Jena. (tlz-27.02.2002) Ehrt man den Wissenschaftler
und Politiker Gerhard Riege, der Meinungsstreit schätzte, angemessen
mit Vorträgen ohne Diskussion? Manfred Weißbecker, Vorsitzender
des Thüringer Forums, begründete diese Veranstaltungsform
mit der Hoffnung, dass "das Zuhören Raum für Debatten
in späteren Zusammenkünften schaffen kann". Raunen und
Unruhe der Zuhörer bei vier unterschiedlichen Würdigungen
Rieges, insbesondere beim Vortrag Olaf Werners, des Abwicklungsdekans
der juristischen Fakultät nach der Wende, signalisierten Diskussionsbedarf.
- Selten fand eine Veranstaltung im Haus auf der Mauer derart lebhaftes
Interesse wie diese. Etliche kehrten bereits vor Beginn wegen Überfüllung
des großen Saals um.
Zur Erinnerung: Der Jurist Gerhard Riege war schon lange vor der Wende
in der DDR als unangepasster Kopf einigen ein Ärgernis. Seine Rede
zum 40. DDR-Jahrestag in der Universitätsaula stach mit kritischen
Worten von der ansonsten tonangebenden Lobhudelei ab. 1990 gewann er
die erste freie FSU-Rektorwahl. Der Wahl folgte, so damals der renommierte
Giessener Staatsrechtslehrer Helmut Ridder, "die rechtlich unhaltbare
Annullierung". Für die PDS zog Riege in Volkskammer und Bundestag,
wo ihn hasserfüllte Zwischenrufe, die nach seinem Tod "Der
Spiegel" dokumentierte, am Reden hinderten. Schließlich wedelten
Medien und Politiker mit einer Stasikarteikarte, die eine von Riege
beendete MfS-Verbindung in den 50er Jahren dokumentierten.
"Mir fehlt die Kraft zum Kämpfen und zum Leben. Ich habe Angst
vor der Öffentlichkeit, wie sie von den Medien geschaffen wird
und gegen die ich mich nicht wehren kann. Ich habe Angst vor dem Haß,
der mir im Bundestag entgegenschlägt", schrieb er in seinem
Abschiedsbrief bevor er sich im Februar 1992 erhängte.
Der ebenfalls über Bundestagserfahrung verfügende Uwe-Jens
Heuer (Berlin), dessen juristischer "Gorbatschowismus" bereits
vor dem Untergang der DDR in der alten BRD Aufsehen erregt hatte, sprach
über die Persönlichkeit der Politiker. In theoretisch tiefschürfender
Rundschau beleuchtete er auch die Leerstelle im Marxismus: Abgesehen
von der oberflächlichen Diskussion des "Personenkults"
um Stalin fand eine Erörterung der Rolle der Persönlichkeit
nicht statt. Heuers Demokratiegebot eingedenk des Zwangs für Politiker
zu Machtgewinn und Selbstdarstellung: "dass man sie nicht mit Ihresgleichen
allein lassen darf", Intellektuelle und Medien seien unentbehrliches
Korrektiv - wohl auch in Stunden der Not.
Roland Meister (Jena) durchbrach als einziger die merkwürdige Zurückhaltung
einstiger Jenaer Kollegen Rieges und hob dessen theoretische Ketzereien
hervor: Dieser habe sich gegen "das Unwort von der Erziehung unserer
Bürger", das diese vom Subjekt zum Objekt degradierte, gewandt
und die Sinnlosigkeit des Geschwafels von der "weiteren Vervollkommnung
der sozialistischen Demokratie" angeprangert. Bereits 1982 habe
er gegen das Verkleistern der Widersprüche zwischen individuellen
und staatlichen Interessen gemahnt, dass diese, statt harmonisiert zu
werden, sich bis zur Feindschaft steigern könnten.
Der Rechtsphilosoph Hermann Klenner (Berlin), auch heute international
respektierter, wohl bekanntester DDR-Jurist, faszinierte mit druckreif,
ohne Manuskript vorgetragenen Reflexionen über Recht zwischen Moral
und Macht. Nachgeborene, die schnell über die Stellung Älterer
in den Systemen der Vergangenheit richten, erinnerte er rhetorisch brilliant
im Hinblick auf "Turnschuhminister, die Knobelbecherminister geworden
sind" daran, dass momentan in einem völkerrechtlich fragwürdigen
Krieg "wir Mitmacher, Angepaßte sind". Klenner, der
wegen seiner Ketzereien in der in der DDR vom Hochschullehrer zum Dorfbürgermeister
befördert worden war, bekannte, wie Riege den Ausweg des "Freiheitstods"
erwogen zu haben, und zwar eher vor der Wende 1989 als danach: Sein
Parteigenosse Ulbricht habe ihn mehr als sein Gegner Adenauer in Verzweifelung
getrieben.
Das traf sich mit dem Plädoyer Olaf Werners (Jena), "dieses
Ereignis zum Anlaß zu nehmen, nachdenklich zu werden" und
eigene Mitschuld zu bedenken. So frage er sich, ob er die Beschleunigung
des Vertragsschlusses für Rieges weitere Lehrtätigkeit versäumt
habe (beim Tod hätten nach Prüfung der Stasivorwürfe
die "Verträge zur Unterschrift bereit gelegen"). Fehlte
es am Beistand Nahestehender? Werner erinnerte auch die zum Gedenken
erschienene PDS-Bundesvorsitzende an "Turbulenzen am Vorabend des
Freitods in einer Parteiveranstaltung in Erfurt". Werner bestritt,
dass "hasserfüllte Intoleranz" (Einladungstext) zum Freitod
geführt habe. Bei einem Systemwechsel "andersherum" würde
er, der westdeutsche Werner, kaum Parlamentsmandat und Lehrbefugnis
bekommen haben. Die (un)heimliche Kontroverse im Saal machte die noch
nicht verheilten Verletzungen der Vergangenheit wieder sichtbar. In
der Riege-Todesanzeige Ende Februar 1992 vermied man das Entweder-Oder,
eignes Agieren und fremdes Reagieren berücksichtigend: "Er
trug an der Last der Vergangenheit. Er zerbrach an der hasserfüllten
Gegenwart."
Über
den Markt der Gewalt
Jena. (tlz-17.02.2002) Erhard Eppler, war einst bekannt
als Bundesminister, SPD-Präsidiumsmitglied, Mitverfasser des SED/SPD-Debattenpapiers
- vor zwei Jahrzehnten sprach er in Bonn vor 300 000 Friedensdemonstranten.
Enttäuschung war ihm anzumerken, dass zu seinem Vortrag vergangenen
Samstag in Jena gerade mal zwei Dutzend Besuc her die Neue Mitte eines
feudalen Hotelsaals füllten .
Eppler fragte, ob wir Zeugen einer Entwicklung - so der Titel
seines neuen Buchs - "Vom Gewaltmonopol zum Gewaltmarkt?"- sind. Sein
Vortrag behandelte Privatisierung und Kommerzialisierung von Gewalt.
Staaten verlören im Zeitalter der Globalisierung immer mehr ihre
Ordnungsfunktion, stattdessen gelte das Faustrecht des ökonomisch
bzw. bewaffnet Stärkeren. Dies sei auch eine "Folge der neoliberalen
Ideologie. 'Den Staat müssen wir aushungern'". Eppler, flehend:
"Finanzminister aller Länder, (ver-)einigt Euch über Mindeststeuersätze
gegen Kapitalflucht."
Die Welt fürchte heute weniger, dass Russland auf den Atomwaffenknopf
drücke, sondern eher, dass es seine Atomwaffen nicht mehr bewachen
könne und Mafiosi oder Terroristen sie stehlen würden.
In Afrika existiere de facto schon ein Viertel der Staaten nicht mehr,
und in den Metropolen wucherten Slums, in denen die Polizei nichts mehr
zu sagen habe. In den USA, so der Süddeutsche Eppler, wohnten schon
so viele Einwohner, wie Baden-Württemberg zählt, in "gated
communities". In "bewachten Gemeinschaft en'", die, eingemauert
und mit Stacheldraht umzäunt, von privaten Sicherheitsdiensten
bewacht werden, von den Einwohner bezahlt . Während in Deutschland
noch ein Verhältnis von 1 zu 1 zwischen Polizei und privaten Sicherheitsbediensteten
herrsche, gebe es in den USA bereits deutlich mehr Sicherheitsgewerbe
als Polizei. Oben bei den Reichen und unten bei den Armen gelte dann
das staatliche Gewaltmonopol schon nicht mehr - nur noch für die
Mitte der Gesellschaft.
Sicherheit bald nur noch für die, die sie sich leisten können?
Sorge bereitet Eppler auch die "asymmetrische Kriegsführung",
die sich schon im Golfkrieg 1991 gezeigt habe: Auf einen toten US-Soldaten
kamen 600 tote Irakis. In solcher Konstellation gedeihe der Terror,
das Verlangen, "die Kraft der Supermacht zu umgehen und sie an ihren
verwundbaren Stellen zu treffen" Statt mit dem Pappschwert gegen ferngesteuerte
Mittelstreckenraketen - mit Teppichmessern und Zivilflugzeugen gegen
die Symbole militärischer und ökonomischer Supermacht. Ein
neuer Irak-Krieg, gegen den sich Eppler „ein Europa" wünschte,
"das nicht kuscht“, würde diese verhängnisvolle Entwicklung
nur noch steigern. Für Eppler lautet die Aufgabe der Linken: „Es
geht jetzt darum, das staatliche Gewaltmonopol in den einzelnen Staaten
mit Zähnen und Klausen zu verteidigen“ und sich der Verschrottung
des Völkerrechts zugunsten von mehr innen- als außenpolitisch
begründeten Interventionsgelüsten zu widersetzen.
Nazi-Richter
Roland Freisler:
Studium und Promotion in Jena
Jena. (tlz-24.10.2002) Robert Havemann war eines seiner
Opfer. 1943 verurteilte Roland Freisler, Vorsitzender des Nazi-Volksgerichtshofs
(VGH) ihn zum Tode; weil er geheime Forschungen für die Wehrmacht
ausführte, kam es nicht zur Hinrichtung. Ausgebildet wurde der
furchtbare Jurist Freisler in Jena, woran jetzt [Montag] der Heidelberger
Professor Klaus-Peter Schroeder in einem Vortrag erinnerte. 1912 begann
Freisler in Jena Jura zu studieren, nach dem Weltkrieg wurde er Anfang
der 20er Jahre in Jena zum Doktor promoviert.
1924 trat er der NSDAP bei. Als 1933 die Nazis an die Macht kamen,
wechselte er ins Justizministerium. Für das Reichsjustizministerium
nahm er 1942 an der Wannsee-Konferenz teil, auf der die "Endlösung"
der Judenermordung beschlossen wurde. Im selben Jahr wurde er VGH-Präsident.
Dieses Sondergericht schufen die Nazis 1934 nach dem Freispruch des
Kommunistenführers Dimitrof im Reichstagsbrand-Prozess vor dem
Reichsgericht in Leipzig. Den Großinquisitor des 1000jährigen
Reichs titulieren sogar NS-Kollegen als "rasenden Roland".
In Anspielung auf einen Ausspruch des Sozialdemokraten Gustav Noske,
der 1919 Novemberrevolutionäre niederschießen ließ,
schrieb Freisler in einem Brief kurz vor seiner Ernennung: "Einer
wird ja der Bluthund sein müssen". 1945 - inzwischen war jedes
zweite VGH-Urteil ein Todesurteil - tötete ein Bombensplitter alliierter
Luftangriffe jenen "Richter Gnadenlos" bei dem Versuch, den
Luftschutzkeller zu erreichen.
1935 war die Schrift des Jenaer Professors Hedemann über "Bodenrecht
und neue Zeit" mit Widmung an Freisler erschienen: "Ein Gruss
aus Jena". Freislers Witwe Marion, die erst unlängst verstarb,
erhielt eine Kriegsopferrente, mit der sogar entschädigt wurde,
welche Karriere der Blutrichter in der Bundesrepublik, in der kein einziger
Richter der NS-Zeit verurteilt wurde, hätte machen können..
Superstar:
Hinrichtung einer Thüringerin
(tlz-03.12.2002)
Wir rümpfen die Nase über unzivilisierte alte Zeiten,
gaffen aber in öffentliche TV-Hinrichtungen und Zirkusarenen, in
denen Menschen zerfleischt werden. Nur Outfit und Techniken sind anders
inzwischen. Die neue RTL-Show "Superstar" spielt mit der Sehnsucht
sich perspektivlos fühlender und auf schnelles Geld getrimmter
Jugendlicher, die in Neufünfland längst dem Motto Go West
folgen.
Nun strandete eine TV-Quotenossi aus Tröbnitz
mit dem Popstarkarriere-Traum beim Kölner Sender. Auf dem falschen
Weg zu Geld und öffentlicher Anerkennung. Heuchlerisch wird es,
wenn dieselben Leute, die das Tratsch-und-Zotenbuch von Dieter Bohlen
an die Spitzen der Bestsellerliste hievten, nun Mitleid mit der im Jugendorchester
Trompete spielenden Friseuse empfinden, die als Madonna-Verschnitt vom
Dorfe auftrat und von Bohlen mit "Du hast gesungen wie die Mutter
von Madonna" niedergemacht wurde. Auf der offiziellen RTL-Homepage
hat sie nun die Ehre, dass ihr Gesicht mit einem dicken, roten X durchgestrichen
abgebildet wird. Sogar die Möglichkeit öffentlicher Gegenwehr
wird den Hinrichtungskandidaten per Knebelvertrag genommen: "Alle
Informationen im Zusammenhang mit der Produktion und deren Vorbereitung
sind streng vertraulich zu behandeln und nicht an Dritte weiterzugeben.
Sollte sich die Presse mit mir in Verbindung setzen, verpflichte ich
mich diese an die Presseabteilung von RTL, Telefon: 0221/456 4205, zu
verweisen und keine unabgesprochenen Aussagen gegenüber der Presse
zu tätigen."
Trotzdem zwängen Übergewichtige sich
in Stretchhosen, Hosenträger-Fetischisten probieren es mit einem
Ötzi-Song und untalentierte Selbstdarsteller kokettieren mit der
Goldenen Schallplatte, derart die Beleidigungslust der Jury anstachelnd.
Soweit die Casting-Gierigen (16 bis 28-jährige werden angesprochen)
nicht volljährig sind, könnte man vom Missbrauch Minderjähriger
sprechen - für einen Mobilfunkanbieter, die Promotion Bohlens und
die Einschaltquoten eines Privatsenders.
Während die Gewalt, die gegen Menschen
ausgeübt wird, in den fiktionalen Produktionen gespielt und mitunter
auch bei RTL angemessen inszeniert ist, wird sie hier in verbaler Form
gnadenlos und ohne Aussicht auf Rettung ausgeübt, kommentierte
die Frankfurter Allgemeine Zeitung unter der Überschrift "Was
RTL bei der Jugend anrichtet". Und keine Medienanstalt, die aus
Jugendschutzgründen einschritte. Wie man die Jugend verdirbt, wie
man sich auf ihre Kosten lustig macht, wie man sie als Schmiermittel
für eine billige Show missbraucht - das alles finden wir hier,
so die FAZ, die RTL auf der Rückkehr zur Tutti-Frutti-Zeiten sieht:
Dabei waren die Entblößungen dort noch harmlos im Vergleich
zu den Obszönitäten von heute.
Uwe-Jens
Heuer: Recht ist keine Magd
der Politik
Buch eines Juristen in Ost und West
(tlz-19.12.2002) "Keine
Beichte, kein Aufdecken von Geheimnissen, aber ein offenes und
ehrliches Buch." So die Werbung des Nomos-Verlags, der zum größten
deutschen Juristenverlag gehört, für die Memoiren des Juristen
Uwe-Jens Heuer, die unter dem Titel "Im Streit - Ein Jurist in
zwei deutschen Staaten" erschienen. Im Thüringer Forum stellte
Heuer jetzt sein Buch vor.
1956 kam aus Jena ein Gutachten zur Doktorarbeit,
in dem er als zu aufmüpfig abgekanzelt wurde. Später kooperierte
Heuer im Wirtschaftsrecht mit Hans-Ulrich Hochbaum von der FSU, während
der Jenaer Professor Gerhard Haney, der den DDR-Staat verklärte,
für den auf Verrechtlichung und Demokratisierung des Zentralismus
drängenden Heuer ein theoretischer Gegner war. Während der
Entstalinisierung Ende der 50-er Jahre ging Heuer zusammen mit dem Rechtsphilosophen
Hermann Klenner und dem Völkerrechtler Bernd Graefrath "zu
weit". Die "Revisionisten-Gruppe" wurde per "Parteistrafe"
vorübergehend aus dem Wissenschaftsbetrieb entfernt. Anfang 1968
nannte "Der Spiegel" Heuer zusammen mit Christa Wolf als Gegenelite
zur DDR-Führungsclique. In einer Reformkommission schmuggelt er
aus dem BRD-Grundgesetz eine Formulierung in Artikel 108 der DDR-Verfassung
ein.
Die Wende 1989 erlebte Reisekader Heuer in USA,
danach begab er sich als Seiteneinsteiger in die Politik und gehörte
Volkskammer und Bundestag an. Interessant sein Gespräch 1995 mit
Altbundeskanzler Schmidt über Ost/West-Aussöhnung. Vor und
nach 1989 kämpfte Heuer dagegen, Recht zur Magd der Politik zu
erniedrigen, statt es zu deren Zähmung einzusetzen.
Selbstkritisches zu diesem stets gefährdeten
Verhältnis wäre zu lernen für deutsche, Jenaer Juristen,
die sich im letzten Jahrhundert in verschiedenen Systemen vergaloppiert
haben - aber von heutigen Studiosi, die nur hingehen, wohin Professoren
sie schicken, ward im Haus auf der Mauer keiner gesichtet.
Der "Partisanenprofessor im
Land der Mitläufer"
Wolfgang Abendroth floh 1948 aus Jena und ging in den Westen
Jena. (tlz-09.06.2001) Im Vorlesungsverzeichnis der Jenaer Universität,
das seit Anfang der 90er Jahre über mehrere Seiten an „Namhafte
Hochschullehrer und Studenten“ erinnerte, sucht man den Namen Wolfgang
Abendroth vergebens. „Die schlimmste Belastung, welche man an der Universität
und unter Intellektuellen in jener Zeit mit sich herumtrug, war die,
gegen den Faschismus gekämpft zu haben.“ Die 50er, nicht die 90er
Jahre der BRD meinte allerdings Abendroth, der nach Folter, Zuchthaus
und Strafbataillon 999 bei den Nazis 1948 in Jena Professor des öffentlichen
Rechts wurde, als er mit jenen bitteren Worten erklärte, warum
er zeitweise als Unperson galt. Der undogmatische Marxist, verdächtig
als „Westemigrant“, KPD-Renegat und Sozialdemokrat, floh in der Nacht
auf den 9. Dezember 1948 aus Jena in den Westen, um sich einer Verhaftung
durch den sowjetischen Geheimdienst zu entziehen. Mit dem (falschen)
Etikett „pseudomarxistischer Trotzkist“ wurde er 1949 von einem führenden
DDR-Juristen tabuisiert.
An diesen in Ost und West unbequemen, in der alten Bundesrepublik zeitweise
einflußreichen Intellektuellen, zu dessen Schülern neben
vielen Gewerkschaftsfunktionären „Lindenstraße“-Regisseur
Geißendörfer genauso wie Finanzminister Eichel gehören,
erinnerte beim Thüringer Forum Politologieprofessor Frank Deppe.
Ein vorzüglicher Kenner: Nachfolger Abendroths an der Universität
Marburg 1972 – und Trauerredner bei der Beerdigung Abendroths 1985.
„Wir haben in Jena in den achtziger Jahren versucht, diese Dinge zu
bewältigen“, so einleitend der Historiker Manfred Weißbecker.
Der Vorsitzende des Thüringer Forums verriet, dass man Abendroth
die Ehrendoktorwürde angetragen habe, jedoch sei diese „mit Verweis
auf hanseatischen Stolz“ abgelehnt worden.
Deppe schilderte den 1906 geborenen Abendroth als politisch Engagierten,
„der es geschafft hat, aus allen Organisationen ausgeschlossen zu werden“,
und der dennoch Vermittler zwischen den Positionen blieb. Aus der KPD
flog er als „Rechter“, der zur KPD/Opposition gehörte, welche den
sektiererischen Antifaschismus vor 1933 kritisierte; Widerstand gegen
die Nazis leistete er in der Gruppe „Neu Beginnen“; aus der sich
verbürgerlichenden Nachkriegs-SPD wurde er wegen Unterstützung
sozialistischer Studenten ausgeschlossen. Als Hochschullehrer förderte
er Doktorarbeiten über Zwischengruppen, Abspaltungen und Neugründungen,
in denen kritisches Denken und Realitätserkenntnis jenseits der
Großorganisationen von KPD und SPD lebendig geblieben war. Starphilosoph
Jürgen Habermas, habilitiert bei Abendroth, nannte ihn in einem
„Zeit“-Artikel einen „Partisanenprofessor im Land der Mitläufer“,
dabei auf jugoslawische Hochschullehrer, anspielend, die auch als Ex-Partisanen
ohne professoralen Dünkel, unerschrocken gegenüber der Macht
und solidarisch handelnd blieben.
Demokratie
und Sozialismus wollte Abendroth, der erste und bis in die siebziger
Jahre einzige Marxist auf bundesdeutschen Lehrstühlen, nicht trennen.
1963 schrieb er der BRD-Linken ins Stammbuch, sie könne „nicht
darauf verzichten, im Interesse der Bevölkerung der DDR an deren
Herrschaftsformen Kritik zu üben und für sie Demokratisierung
und Wiederherstellung der Freiheitsrechte zu verlangen, weil sie sonst
im eigenen Staate unglaubhaft würde“. Der prominente Kämpfer
gegen Remilitarisierung und Notstandsgesetze, so Deppe, habe keiner
Fliege etwas zuleide tun können - zum Entsetzen seiner Familie:
„In seinem Haus durfte keine Fliege totgeschlagen werden, sondern wurde
umständlich herausbugsiert.“
Als Jurist, immerhin Mitgründer der Staatsrechtslehrervereinigung
sowie Verfassungsrichter in Bremen und Hessen, trat Abendroth einerseits
gegen linken Rechtsnihilismus und opportunistischen Umgang mit dem Recht
auf, andererseits widersprach er Umdeutungen der Verfassung in eine
Garantie des kapitalistischen Status quo, darauf bestehend, dass die
demokratischen und sozialstaatlichen Möglichkeiten des Grundgesetzes
längst nicht ausgeschöpft seien. Er verkörperte wie kein
anderer das Streben nach politischer und theoretischer Erneuerung angesichts
der Niederlagen gegenüber dem Nationalsozialismus und bei den Umgestaltungsversuchen
nach Kriegsende. Aber sogar an seiner Wirkungsstätte Marburg sei
er heutigen Studenten oft unbekannt. Dennoch hoffte Deppe, den Schlußsatz
von Abendroths 1962 erschienener „Bilanz der sozialistischen Idee in
der Bundesrepublik Deutschland“ zitierend, „daß die gegenwärtige
Ausschaltung sozialistischen Denkens in Deutschland genauso überwindbar
sein wird wie seine Ausschaltung zwischen 1933 und 1945.“ Besserwissereien
und Alleinvertretungsansprüche in SPD und PDS registrierend, unterstrich
Weißbecker abschließend Abendroth Aktualität: Dessen
„Brückenbauen“ sei nach wie vor besser als die „Verkündung
von Monopolansprüchen“.
Sternstunden des Lyssenkoismus
an der Salana
Düsteres Kapitel in der Universitätsgeschichte wurde vor nur
wenig Publikum beleuchtet
Jena. (tlz-05.04.2001) Sozialdarwinismus, Rassismus, Eugenik,
Euthanasie oder Lyssenkoismus – „immer wieder ist irgendwo Jena präsent“
wenn es um besonders extremes Denken im deutschen Geistesleben ging,
seufzte Uwe Hoßfeld nach der Diskussion seines Vortrags über
einen Biologenstreit an der Jenaer Nachkriegsuniversität.
Der wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ernst-Haeckel-Haus referierte
innerhalb der Vortragsreihe "Zur Universitätsgeschichte im 19./20.
Jahrhundert", die dienstags am Historischen Institut stattfindet. Leider
bei Desinteresse der Universitätsöffentlichkeit, so dass man
zweifelt, ob es wirklich eine Erfolgsmeldung ist, wenn berichtet wird,
Jenaer Studenten absolvierten ihr Studium am zügigsten – nämlich
ohne Blick zur Seite oder zurück in die Geschichte, könnte
hinzugefügt werden.
Trofim Lyssenko („Zitronen in Sibirien“), der zugunsten von Umwelteinflüssen
meinte im von Hungersnöten geplagten Sowjetreich die „bürgerlichen“
Vererbungsgesetze außer Kraft setzen zu können, gilt als
der Biologe der stalinschen Ära, wenngleich die Zusammenhänge
komplizierter sind, gehörte doch auch der Entstalinisierer Chruschtschow
noch zu seinen Förderern.
Hoßfeld untersuchte das SBZ/DDR-Echo auf diese Sowjetbiologie,
deren Gegner in der UdSSR im GuLAG landeten oder, wie der berühmte
Genetiker Wawilow, zum Tode verurteilt wurden.
Unerwähnt liess Hoßfeld, dass auch kritische DDR-Intellektuelle
wie Ernst Bloch, Robert Havemann oder Bert Brecht („Die Erziehung der
Hirse“) sich zu Lyssenko bekannnten. Vorgestellt wurde insbesondere
der Sekretär der Thüringer KPD 1945/46, spätere Direktor
des Haeckel-Hauses und Biologieprofessor Georg Schneider, nach dem bis
Anfang der 90-er Jahre in Lobeda-Ost die Carolinenstraße benannt
war. Er war der Propagandist des Lyssenko-Voluntarismus, wobei in Jena
– bis in die Wissenschaftliche Zeitschrift der FSU – parallel eine seriöse
Biologie vertreten wurde. Das Verdienst Schneiders, die von Julius Schaxel
gegründete, von den Nationalsozialisten 1933 verbotene populärwissenschaftliche
Zeitschrift „Urania“ 1947 wiederbelebt zu haben, verschwieg der Referent
nicht, der ansonsten Merkwürdiges berichtete: So sei Schneider
Tage vor Wiedereröffnung der Jenaer Universität promoviert
worden, jedoch sei seine Doktorarbeit nicht greifbar; eine Habilitationsschrift
habe er selber zurückgezogen und wurde erst 1951 zum Professor
ernannt. Im UdSSR-Exil habe er jedoch das Werk von I. I. Schmalhausen
„Die Evolutionsfaktoren“ aus dem Russischen übersetzt, redigiert
von Otto Schwarz, dem späteren kommunistischen Unirektor, der seinerzeit
noch in Kriegsforschungen Nazi-Deutschlands verstrickt war. Nach Hoßfelds
Ansicht eines der bedeutendsten evolutionstheoretischen Werke des Jahrhunderts,
und wenige Jahre später propagieren diese in Jena die zu Schmalhausen
konträr stehende „proletarische Wissenschaft“ Lyssenkos.
Die letzte Merkwürdigkeit: 1970 starb der Vorsitzende des Bezirks
Gera der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft Georg
Schneider, als er, zwei Unidozenten mit in den Tod reißend, alkoholisiert
im Mühltal auf ein Fahrzeug auffuhr, das bei Isserstedt unbeleuchtet
aus einer Seitenstraße kam – ein Sowjetpanzer.
Als Manfred Stolpe noch ein Rebell
in Jena war
Jena. (tlz-27.02.2001) Der heutige Ministerpräsident
Brandenburgs muss schon als Jurastudent in Jena in der zweiten Hälfte
der 50-er Jahre Charisma gehabt haben: "Es gab Zeiten, wo alle parteilosen
Studenten des Studienjahres von Stolpe fasziniert waren."
So steht es im Bericht eines SED-Parteisekretärs. Manfred Stolpe
wurde innerhalb seiner Kommilitonen offenbar "von der Masse als derjenige
angesehen, der offen das ausspricht, was die meisten denken, sich aber
nicht zu sagen getrauen".
Auf diese Aussagen verwies der Historiker Werner Fritsch bei der Vorstellung
der von ihm zusammen mit Werner Nöckel erarbeiteten Broschüre
über "Antistalinistische Opposition an der Universität Jena
1965-58" (TLZ-Bericht vom 22. Februar). Die in jener Veröffentlichung
dokumentierte Charakterisierung Stolpes, der von 1955 bis 1959 auf Empfehlung
des Greifswalder Konsistoriums an der Friedrich-Schiller-Universität
Jura studiert hat, findet man im Bericht des stellvertretenden SED-Parteisekretärs
der Grundorganisation Juristen vom 9. November 1958 an die Kreisdienststelle
Jena des Ministeriums für Staatssicherheit.
Fritsch hob diese Einschätzung hervor, weil vor einigen Jahren
der (dann entlassene) Stadtchronist Jenas durch Dokumentenfälschung
und mit Hilfe des von der "FAZ" zur "Bild"-Zeitung gewechselten Herausgebers
der Goebbels-Tagebücher versucht hatte, den jungen Stolpe als angepassten,
linientreuen Studenten darzustellen.
Auch der MfS-Offizier Klaus Roßberg, der dienstlich mit den späteren
Stasikontakten des Kirchenmanns Stolpe befasst war, hatte im "Spiegel"
1996 behauptet, Unterlagen Stolpes Jenaer Zeit "vermittelten das Bild
eines positiv zur DDR stehenden jungen Menschen".
Unerwähnt blieb dabei Stolpes Renitenz, über die nun in der
neuen Veröffentlichung nachzulesen ist. Da berichtete der Parteisekretär
der Stasi, "Stolpe selbst konnte erst zur Ruhe gebracht werden, als
ich ihm vor allen Studenten des Studienjahres klipp und klar erklärte,
er und einige andere spielten objektiv die Rolle von Konterrevolutionären
und müssten bei Fortsetzung ihres Verhaltens von uns als solcher
behandelt werden". Aber trotz dieses Einschüchterungsversuchs:
"Stolpe zu isolieren, ist uns damals nicht gelungen", klagt der Parteisekretär,
denn weiterhin "wiederholte Stolpe schon vorher gemachte Äußerungen",
und er habe sich gar erdreistet zu behaupten, "die FDJ sei ein lahmer
Haufen und solle sich ein Beispiel an der Evangelischen Studentengemeinde
nehmen".
In einem arbeitsrechtlichen Seminar, in dem eigentlich "nachzuweisen"
gewesen wäre, "dass unbedingte Parteilichkeit für die Arbeiterklasse
für einen Juristen der DDR Grundvoraussetzung ist", da habe Manfred
Stolpe "plötzlich" vorlaut gefragt, "wie sich der Verfassungsgrundsatz
von der Unabhängigkeit des Richters" damit vertrage.
Riege, Schmutzer, Zehm und andere "Parteifeinde"
Jena. (tlz -21.02.2001) "Zwischen Ibrahim und Zehm
gibt es ganz andere Welten", kritisierte Jürgen Haschke, Landesbeauftragter
für die Stasiunterlagen, Jenaer Debatten, als er Werner Fritsch
und Werner Nöckel vorstellte, die mit ihrer Broschüre "Antistalinistische
Opposition an der Universität Jena (1956-58)" ein anderes Kapitel
der Vergangenheit aufschlugen. Die aktuelle Debatte um den wegen Veröffentlichungen
im Dunstkreis von Rechtsextremisten umstrittenen Philosophie-Honorarprofessor
Günter Zehm überlagerte die Veranstaltung, in deren Zentrum
eigentlich Werner Nöckel stehen sollte. Er war zu Zeiten der Entstalinisierung
2. SED-Parteisekretär bei den Universitätshistorikern und
wurde 1958 vom Bezirksgericht Gera "wegen schwerer staatsgefährdender
Hetze und Propaganda" zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt, Ende
1960 wurde er amnestiert und erlebte sodann die DDR nach einem weiteren
Studium als Ingenieur für Eisenbahn- und Brückenbau. Nach
Einsicht in seine Stasiakten, so Nöckel, erkrankte er psychisch
und schrieb seine Erlebnisse nieder. Eine literarische Selbsttherapie
nach dem Motto "Die Wahrheit wird euch frei machen".
Werner Fritsch, wie Nöckel seinerzeit Geschichtsstudent und in
den Auseinandersetzungen an der FSU engagiert, überarbeitete das
Manuskript, versah es mit einem dreimal so langen Dokumentenanhang (insbesondere
SED- und MfS-Materialien) und mit einem die damalige Zeit auslotenden
Vorwort.
Weil die Autoren sich außerstande sahen, die Auseinandersetzungen
bei den Historikern isoliert darzustellen, ist ihnen ein spannendes
Stück Universitätsgeschichte gelungen. Gleichzeitig verdeutlichen
sie, dass ein Großteil antistalinistischer Opposition gerade aus
den Reihen der Kommunisten und aus sozialistischen Idealen sich speiste.
"Wir gehörten ja dazu", hob Fritsch hervor, den Haschke allzu schnell
als DDR-Opfer vereinnahmte, wiewohl er, anders als Nöckel, Dozent
und Reisekader wurde.
Haschke beklagte, dass "wir Barfuß-Historiker" uns dieser Themen
annehmen, und rügte ein Desinteresse der Universität an ihrer
Vergangenheit: "Wann zum Teufel" würden hierzu Magister- und Doktorarbeiten
geschrieben?
Tatsächlich hat das Autorengespann reichlich Stoff für weitere
Arbeiten ausgebreitet. Berichtet wird über Auseinandersetzungen
an der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät und den "Ölmühle-Kreis",
der zerschlagen wurde. Da ist die Kritik an der "revisionistischen Plattform"
des Juristen Gerhard Riege - der damals Drangsalierte war nach der Wende
1990 erster Uni-Rektor und nahm sich 1992 das Leben, als er wegen eines
Stasikontaktes Anfang der 60er Jahre angegriffen wurde. Da sind die
Materialien über einen weiteren von "Barfuß-Historikern"
als stasibelastet angeschwärzten und erst viel später entlasteten
(TLZ vom 30. Oktober 1998) Uni-Rektor: Über Ernst Schmutzer vermerkte
die Jenaer MfS-Kreisdienststelle, er habe "kein Vertrauen in die Partei
und zur Regierung" und "so wird er vom passiven Mitglied bald zum Austritt
schreiten".
Viel Material ist schließlich dem damals aus der SED ausgeschlossenen
und 1957 wegen "Boykotthetze" zu vier Jahren Zuchthaus verurteilte Zehm
gewidmet. "Er war einer, der am weitesten ging mit seiner Kritik", so
Fritsch. Haschke verteidigte den Abwesenden gegen die Kritik der Antifa-Hochschulgruppe:
"Die sind ja alle bekloppt", und "ohne Zehm könnte sich die Antifa
auflösen". Die sollte man "einfach unbeachtet lassen". Da erhob
sich ein Herr: "Ich bin Wolfgang Kopitzsch, war damals Parteisekretär,
Nöckel war mein Stellvertreter." Er freue sich, dass junge Leute
sich heute mit rechter Gefahr beschäftigen, sie verdienten Lob
und Ermutigung. Er verwies auf die Anti-NPD-Demo unlängst und wünschte
sich, "dass einige derer, die hier sind, auch dort gewesen wären".
Kopitzsch taucht auch in Fritschs Quellensammlung als Kritiker auf,
der 1956 "innerhalb der Partei zweierlei Demokratie" und im Wissenschaftsbetrieb
"stickige Luft" kritisiert habe. Zu der Haftstrafe für Nöckel
sagte Kopitzsch der TLZ, dass nach seiner Überzeugung die DDR auch
daran kaputt gegangen sei, dass dieser Umgang mit Dissidenz nur gemildert,
nicht aber abgeschafft wurde.
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